Das Auge ist ein wesentliches Sinnesorgan des Körpers, mit dem wir den Großteil der sensorischen Informationen aufnehmen. Dementsprechend ist es nachvollziehbar, dass seine Intaktheit sowie die Unversehrtheit der verarbeitenden Organe und Nerven von essentieller Bedeutung sind. Ein wesentlicher Punkt bei der Diagnostik von Sehstörungen ist neben der Ermittlung des Visus (der Sehschärfe) auch die Bestimmung des Gesichtsfeldes. Damit ist gemeint, in welchem Radius um die Augen Gegenstände wahrgenommen werden können. Zu diesem Zweck wird für gewöhnlich die Goldmann-Perimetrie eingesetzt. Sie erfolgt für beide Augen einzeln und beruht auf der Registrierung von örtlich definierten Lichtmarken. Mit Hilfe dieser Untersuchung lassen sich Läsionen (Verletzungen) innerhalb der Sehbahn erkennen, da sich diese in charakteristischen Ausfällen der Retina zeigen. Man unterscheidet grob zwischen Ausfällen im temporalen (inneres Gesichtsfeld) und nasalen Bereich (äußeres Gesichtsfeld). Weiterhin differenziert man einen homonymen Retinaausfall und einen heteronymen Retinaausfall. Von einem homonymen Gesichtsfeldausfall spricht man, wenn auf einem Auge die nasale Retina und auf dem anderen Auge die temporale Retina ausfällt. Der heteronyme Ausfall beschreibt, dass auf beiden Augen entweder die temporale oder die nasale Retina betroffen ist. Um aus der Information, welcher Teil der Retina ausgefallen ist, eine Diagnose bzw. einen Hinweis auf eine Diagnose zu erhalten, ist das Verständnis der Sehbahn essentiell.
Das Auge ist letztendlich nur der äußerste und einzig sichtbare Teil der Sehbahn. Die Verarbeitung der erfassten Informationen findet in höheren Gehirnregionen statt. Das Auge selbst setzt sich (von außen nach innen) zusammen aus Hornhaut, Iris und Linse. Diese projizieren das Licht auf die Retina (Netzhaut). Man kann die Retina grob in zwei Teile unterteilen: einen nasalen (die Hälfte auf der Seite der Nase) und einen temporalen (die Hälfte auf der Seite des Ohrs) Teil. Wichtig hierbei zu erwähnen ist, dass Gegenstände, welche sich zentral vor den Augen befinden (also nasal), auf der temporalen Retina abgebildet werden, während Gegenstände, die sich rechts bzw. links vom Kopf befinden (also temporal), von der nasalen Retina erfasst werden. Fällt beispielsweise die nasale Retina beider Augen aus, so kann ein Patient Gegenstände, die sich rechts oder links von seinem Kopf befinden, nicht mehr wahrnehmen.
Die Fasern der Netzhaut verbinden sich dann nach einigen Umschaltvorgängen zum Nervus opticus, welcher das Auge in der Sehnervenpapille verlässt. Jedoch bleibt auch im Nervus opticus die Unterteilung in nasale und temporale Fasern erhalten. Wir besitzen also für jedes Auge einen eigenen N. opticus. Im weiteren Verlauf passieren die Nervenfasern der beiden Nervi optici das Chiasma opticum. Hier findet im Zentrum des Chiasmas ein Seitenwechsel der nasalen Fasern statt. Die nasalen Fasern des linken Auges ziehen nun nach rechts, die des rechten Auges nach links. Die temporalen Fasern des Nervus opticus verlaufen am äußeren Rand des Chiasmas und kreuzen nicht. Dies führt dazu, dass nach Passieren des Chiasma opticums die temporalen Fasern des rechten N. opticus und die nasalen Fasern des linken N. opticus den rechten Tractus opticus bilden. Die temporalen Fasern des linken N. opticus und die nasalen Fasern des rechten N. opticus bilden hingegen den linken Tractus opticus. Jeder Tractus opticus enthält somit Informationen von beiden Augen. Die beiden Tracti optici verlaufen von dort aus dann auf der jeweiligen Seite über das Corpus geniculatum laterale zur Radiatio optica im entsprechenden Occipitallappen. Im Occipitallappen befindet sich die primäre Sehrinde in der Area striata. Hier werden die Sinneseindrücke integriert, allerdings noch nicht bewertet. Die Bewertung erfolgt in der sekundären Sehrinde in der Area parastriata. Hier werden die von der primären Sehrinde erkannten Muster Sinneseindrücken und Erinnerungen gegenübergestellt. Dies dient der Erkennung von Gegenständen.