„Vielleicht ist das doch nichts für mich…“ -
Befindet ihr euch gerade im Medizinstudium und fragt euch vielleicht ob der Arztberuf wirklich das Richtige für euch ist? Es gibt viele Alternativen zu diesem Beruf die durchaus sehr spannend sein können. Unsere Top 3 Medizinberufe haben wir hier für euch zusammengefasst.
Anlässlich der zurzeit laufenden Karrieremesse MedProgress, die die ÖH und nextdoc.at dankenswerterweise für uns organisiert haben, sind mir ein paar Gedanken gekommen. Ich war selbst heute dort und hab mir ein paar Vorträge angehört. Und wie ich da so im wunderschönen Festsaal sitze und zuhöre, fange ich zu überlegen an, warum ich vor ein paar Jahren auf die Idee gekommen bin, Medizin zu studieren. Und was heute aus dieser Idee geworden ist.
Warum wollte ich Medizin studieren? Warum wolltet ihr Medizin studieren? Was war der Plan?
Ich kann mich noch erinnern, dass uns irgendein Professor im ersten Semester, gleich während einer der ersten Vorlesungen gefragt hat, warum wir alle hier sind. Die mit der größten allgemeinen Zustimmung bedachte Antwort kam natürlich wie aus der Pistole geschossen: „Ich möchte Menschen helfen!“. Gefolgt von „Ich will etwas Sinnvolles im Leben machen!“. Zu Beginn des Studiums halten wir uns, denk ich mal, alle für große Menschenfreunde. (Was sich nach der ersten Interne-Famulatur auch ganz plötzlich ändern kann.)
Viele von uns bleiben es hoffentlich und werden tolle, empathische, kompetente Ärztinnen und Ärzte. Was aber wenn sich die Motive mit Fortschreiten des Studiums ändern? Wenn man vorwiegend (so wie auch ich) aus naturwissenschaftlichem Interesse Medizin studiert? Wenn man nach der fünfundneunzigsten Venensuche, nach dem einundzwanzigsten Mal „Ich vertrau nur Globuli und meiner Energetikerin“ und der fünfundfünfzigsten Medikamentenanamnese mit der Hilfe eines dementen Hundertjährigen plötzlich bemerkt: Sooo gern mag ich Menschen eigentlich gar nicht…?
Aber im Keller sitzen und Zellen beim Teilen zuschauen mag ich auch nicht, Forschung ist mir dann auch wieder zu trocken!
Es wird hoffentlich nicht vielen von euch so gehen, aber wenn es passiert, kann man in eine verzwickte Situation geraten. Weder Klinik, noch Forschung vorstellbar? Was mach ich dann hier? Studium abbrechen? Muss nicht sein. Es gibt eine Welt fernab von weißem Kittel und Mikroskop. Natürlich kann man sich auf vorklinische Fächer spezialisieren, Pharmakologe oder Physiologe werden, als Lehrender an der Uni bleiben oder Radiologe werden. (Wobei man Patienten auch gut aus dem Weg gehen kann.) Aber es geht auch exotischer.
Also, an alle Unschlüssigen, hier meine Top 3 der Medizinberufe fernab vom Krankenbett:
Zum Einen – Überraschung! – Pharmaindustrie. Gut, daran haben wahrscheinlich schon die meisten gedacht. Einen ganz interessanten Vortrag eines Herrn aus eben jener Branche habe ich heute bei MedProgress gehört. Er hat zwar meine Träume von exorbitanten Gehältern etwas zunichte gemacht, aber ehrlich gesagt hört sich der Job gar nicht so trocken an, wie ich bisher vermutete. Als fertiger Mediziner kann man laut dem netten Herrn damit rechnen, in jedem Pharmaunternehmen mit offenen Armen empfangen zu werden. Fängt man in der Produktentwicklung eines Unternehmens an, ist man zum Beispiel für ein bestimmtes Arzneimittel zuständig, man muss sich genauestens über alles Studien, die Wirkungsweise, die Indikationen und die Statistiken informieren. Man wird sozusagen zum Spezialisten für dieses eine Produkt. Danach ist man für alles zuständig, was damit zusammenhängt. Man klärt die Kollegen (zum Beispiel die Pharmareferenten, die es dann verkaufen sollen) über das Produkt auf, sammelt und dokumentiert aufgetretene Nebenwirkungen, ist für den Beipackzettel zuständig, beobachtet neue Entwicklungen, die das Pharmakon betreffen und überprüft alle öffentlichen Informationen darüber auf ihre medizinische Richtigkeit. So zumindest die Erklärung des netten Herrn auf meine Frage, was man den ganzen Tag so macht in dem Job.
Außerdem kann man noch Pharmavertreter werden (wenn man gern redet) oder aufsteigen zum Medical Direktor, der/die die Leitung des Ganzen innehat. (Und auch das Gehalt kriegt, das man sich generell in der Pharmaindustrie so vorstellt.)
Vorteile: Geld, geregelte Arbeitszeiten und damit Kinder- und Familienfreundlichkeit, vielseitiger Tätigkeitsbereich.
Nachteile: wirtschaftlich unsicherer Arbeitsplatz (im Vergleich zum Arztberuf), schlechtes Image der Pharmabranche.
Numero zwei: Medizinjournalismus. Wer der Meinung ist, das Verfassen von Arztbriefen befriedige seinen schriftstellerischen Schaffensdrang nicht, der wird dringend in der Medienbranche gesucht. Immer mehr Menschen wollen über ihre Gesundheit und Krankheit informiert werden, naturwissenschaftliche und medizinische Zeitschriften und Internetplattformen schießen wie die Pilze aus dem Boden. Dafür braucht es auch Journalisten mit medizinischem Background. Ebenso Medizinverlage brauchen Autoren, Co-Autoren und Lektoren für Fachbücher. Das Gehalt variiert in diesem Feld allerdings gewaltig, je nachdem für welches Medium man arbeitet.
Vorteile: kreativer Job, immer verschiedene Themenbereiche, immer am neuesten Stand der Wissenschaft zu sein und lebenslanges Lernen.
Nachteile: Man braucht etwas an Talent.
Und drittens: Ich habe heute erfahren - und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich es wirklich nicht wusste –es gibt einen Facharzt für Sozialmedizin. Somit lautet meine dritte Alternative zum Arztberuf: Public Health. Curriculumsdirektorin Frau Dr. Rieder hat es in ihrem Vortrag heute so formuliert: Die Sozialmediziner sind die, die das große Ganze im Auge behalten. Sie beschäftigen sich, wie der Name sagt, mit der Volksgesundheit, nicht mit der Gesundheit Einzelner. Prävention, Epidemiologie, Umwelthygiene, Aufklärungskampagnen unter der Bevölkerung, Öffentlichkeitsarbeit und Pläne für den Fall einer Pandemie zum Beispiel, liegen in der Verantwortung von Public Health. Arbeiten kann man als Facharzt zum Beispiel im Gesundheitsministerium, bei Krankenversicherungsanstalten, als Gutachter, Amtsarzt oder auch bei der WHO. Man kann epidemiologisch forschen oder auch in der Gesetzgebung als Berater mitwirken.
Ausbildung dauert wie in allen Fachrichtungen sechs Jahre und hat auch eine große klinische Komponente.
Mein Wort zum Schluss: Der Arztberuf ist ein wirklich toller Beruf, das ist klar. Aber es ist auch keine Tragödie, falls man irgendwann zu dem Schluss kommt, dass man ihn sich anders vorgestellt hat. Es gibt Alternativen… ;-)
Und noch etwas: Liebe Kollegen und Innen, alle Berufsbezeichnungen sind natürlich geschlechtsneutral gemeint. Zugunsten der besseren Lesbarkeit habe ich aufs Gendern verzichtet, ich hoffe, keiner/keine ist böse.